Mal mir mal ein Pferd…
Diesen Satz hat einmal ein freiberuflicher Illustrator zu mir gesagt.
Meine Auftraggeber sagen nur: Mal mir mal ein weißes Pferd.
Diese Aussage blieb in meinem Gedächtnis und ich habe sie nicht vergessen. Was hat er damit gemeint?
Trotz Briefing zu wenig wissen
In der Praxis begegnen einem Gestalter häufig Briefings, die nur einen Teilausschnitt des Gesamtprojektes beleuchten. Eben nur diesen einen Teil, der für einen bestimmten Zweck eingesetzt werden soll. Er wird herausgenommen aus dem Kontext und als singulares Element betrachtet. Das reicht doch. Mehr muss ein Gestalter doch auch nicht wissen, oder?
Das Pferd als Sinnbild
Doch er muss mehr wissen! In welchem Kontext steht das Pferd? Aus welchem Stall kommt es? Wie sieht der Stall aus und könnte es nicht besser in einer anderen Box stehen? Welche anderen Pferde gibt es und welche Rolle spielen sie in der Herde? Ist das Pferd ein Leithengst und damit eine Leitfigur? Ist es überhaupt richtig dieses Pferd so zu zeigen, wie es vom Auftraggeber gewünscht wird?
Was heißt das in der Praxis?
Je besser ein Konzeptioner und Gestalter in und auf das gesamte Projekt blicken kann, desto besser wird die Beratung und das Designkonzept ausfallen. Der Blick von außen (und dort ist der Designer ja) kann die Sichtweise auf das Projekt im Ganzen bereichern. Er wird die ein oder andere Frage stellen, teils auch unbequeme, die man selbst sogar, unbewusst oder bewusst, ausgeklammert hat.
Lassen Sie diesen Einblick zu, liebe Auftraggeber!
Das ist sicher nicht immer bequem und erfordert zusätzliche Mühe und Aufmerksamkeit. Das Projekt ist ja bereits bestens durchdacht! Lassen Sie trotzdem den Blick von außen zu oder noch besser: Fordern Sie ihn ein. Die Chancen auf gute, neue und überraschende Lösungen steigen beträchtlich. Und das ist ja das, was wir alle wollen. Es ist jede Mühe wert.
Ein gutes Briefing ist ein Dialog und keine Einbahnstraße.
Dieser Appell richtet sich im Besonderen an KMU und Startups, die noch in einem Findungs-Prozess sind und ihr Unternehmen oder ihre Marke neu aufbauen.
Blicken wir also gemeinsam über den Tellerrand.
P.S. Auf Gendersternchen verzichte ich und meine natürlich auch alle *innen. Es liegt mir fern Frauen zu diskriminieren 🙂